Rückblick "Die Zukunft der onkologischen Versorgung"


Pünktlich zum Weltkrebstag am 4. Februar 2015: Nationales Krebsrahmenprogramm

Krebs ist in Österreich noch immer zweithäufigste Todesursache. Umfassende Informationskampagnen werden auch heuer wieder am 4. Februar, am Weltkrebstag, darauf aufmerksam machen. Pünktlich dazu präsentierte das Bundesministerium für Gesundheit bei der IIR-Konferenz „Die Zukunft der onkologischen Versorgung“ das Nationale Krebsrahmenprogramm für Österreich: ein umfassendes Maßnahmenpaket, das sich als Public Health Programm versteht und das in allen gesellschaftlichen Bereichen greifen soll: vom Rauchstopp in der Gastronomie bis zur Reduzierung von Verkehrsimmissionen. Vier Jahre lang, von 2010 bis 2014, erarbeitete der Onkologiebeirat im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit ein Nationales Krebsrahmenprogramm. Ziele sind unter anderem eine verringerte Inzidenz bei Krebserkrankungen durch Prävention und Gesundheitsförderung, eine Verringerung der Mortalität bei Krebserkrankungen sowie ein längeres Überleben der Patientinnen und Patienten in guter Lebensqualität durch evidenzbasierte und zeitgerechte Früherkennung, Diagnostik und Behandlung.

Alarmierende Zahlen zur onkologischen Versorgung der Zukunft

In den kommenden Jahren wird die Krebsrate aufgrund der demografischen Entwicklung voraussichtlich um 37 % nach oben schnellen. Die steigende Krebsinzidenz fordert einen erhöhten Bedarf an onkologischer Versorgung. Gleichzeitig stellt das neue Ärztearbeitszeitgesetz ein massives Problem dar, denn die Ärzte werden dadurch um bis zu 20 % weniger auf den Stationen sein. Wie steht es also um das onkologische Versorgungsmodell Österreichs? Eine hochkarätige Expertenrunde diskutierte bei der IIR-Konferenz über die Versorgungsmodelle der Zukunft.

Krebs bleibt Zentrumsmedizin – Vorbild Amerika?

Obwohl die Gesundheitsreform in puncto Primary Healthcare Mehrfachversorgungsstrukturen vorsieht, kann der niedergelassene Bereich auch in Zukunft nur Routinearbeiten übernehmen, wenn es um Krebsbehandlungen geht. Der Präsident der österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie, Univ.-Prof. Dr. Hellmut Samonigg (LKH Univ. Klinikum Graz), Prim. Univ.-Prof. Dr. Richard Greil (SALK) und Dr. Magdalena Arrouas, vom Bundesministerium für Gesundheit sind sich einig: Krebs muss eine Zentrumsmedizin bleiben, denn nur in konzentrierter Form kann Expertenwissen dem Patienten eine optimale Versorgung gewährleisten. Ein abgestuftes Versorgungsmodell nach dem Vorbild Amerika könnte die Krebsinzidenz sogar signifikant verringern. In den USA gibt es beispielsweise wenige Zentren, diese dafür aber sehr zentralisiert, was zu besseren Ergebnisse führe, davon zeigt sich Prim. Univ.-Prof. Dr. Richard Greil überzeugt.

Expertenrunde (v.l.n.r.): Prof. Dr. Robin Rumler (Pharmig), Dr. Magdalena Arrouas (Bundesministerium für Gesundheit), Helga Thurnher (Selbsthilfe Darmkrebs), Prim. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Geissler (Klinikum Klagenfurt am Wörthersee), Elisabeth Tschachler (Moderation, ÖKZ), Prim. Univ.-Prof. Dr. Richard Greil (SALK), Univ.-Prof. Dr. Hellmut Samonigg, (LKH Univ. Klinikum Graz / OeGHO)

Univ.-Prof. Dr. Hellmut Samonigg, (LKH Univ. Klinikum Graz / OeGHO), Vorsitzender des ersten Vormittags spricht sich hinsichtlich Prävention für das totale Rauchverbot aus

Prim. Univ.-Prof. Dr. Richard Greil (SALK / Vorsitzender des Onkologiebeirates) befürwortet die Zentrumsmedizin und deren Forcierung

Dr. Magdalena Arrouas (Bundesministerium für Gesundheit) präsentiert das Nationale Krebsrahmenprogramm

Prim. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Geissler (Humanomed Zentrum Althofen / Klinikum Klagenfurt am Wörthersee) über die Notwendigkeit onkologischer Rehabilitationseinrichtungen

Prof. Dr. Robin Rumler (Präsident der Pharmig), erklärt, dass die Förderung der öffentlichen Forschung auch für die Industrie enorm wichtig ist

Krankenteilzeit: Der Patient muss im Mittelpunkt stehen

Die Patientenvertreterin Helga Thurnher, Präsidentin der Selbsthilfe Darmkrebs macht deutlich, wie wichtig es ist, bei der Diskussion um das beste Versorgungsmodell den Patienten nicht aus den Augen zu verlieren. Die Krankenteilzeit könnte hierfür durchaus ein Modell sein, das dem Patienten helfe, besser mit der Krankheit umgehen zu können. Prim. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Geissler (Humanomed Zentrum Althofen / Klinikum Klagenfurt am Wörthersee) macht nach einer Evaluation des onkologischen Reha-Patienten deutlich, dass die meisten Krebspatienten arbeiten wollen, allerdings sind nur 20 % nach dem ersten Jahr der Krankheit noch beschäftigt. Onkologische Rehabilitationszentren fördern die eigenen Ressourcen des Patienten und begleiten ihn bis hin zum Berufswiedereinstieg – ein Punkt, auf den besonderer Wert gelegt wird, so Prim. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Geissler.

Personalisierte Medizin hofft auf neue Medikamente

Die Förderung der öffentlichen Forschung ist im Krebsrahmenprogramm ebenso vorgesehen wie die Erhöhung klinischer Studien. Prof. Dr. Robin Rumler, Präsident der Pharmig begrüßt dies, denn nur so besteht für Pharmaunternehmen die Möglichkeit, Medikamente günstiger anzubieten, schließlich dauert es von der Entwicklung bis zur Zulassung eines Medikaments bis zu 12 Jahre. Durch das Auslaufen etlicher Patente gängiger Krebsmedikamente wird auch in Zukunft verstärkt in Richtung Biosimilars geforscht. Für das Jahr 2015 sind einige neue Medikamente in der Pipeline, so Rumler.

Biomarkerforschung als Weg zur Personalisierten Medizin: Personalisierte Medizin verspricht neue Wege für Forschung und Therapieformen. Sie ermöglicht es, für jeden Patienten und jeden Tumor eine zielgerichtete Therapie zu finden. Besonders wichtig für den gezielten Einsatz personalisierter Therapien ist die Forschung an Biomarkern. Univ.-Prof. Dr.med.univ. Thomas Bauernhofer, (CBmed, Medizinische Universität Graz) führte eindrucksvoll vor, wie durch die systematische Biomarkerforschung zielgerichtete Therapien auf den Markt gebracht werden können.

 

Fokus bei Krebs auf Kinder und ältere Menschen

Ältere Menschen sind zwar häufiger von Krebs betroffen als jüngere, dennoch gibt es einige Krebsarten, die vor allem bei Kindern und Jugendlichen auftreten, etwa Leukämie oder Erkrankungen des lymphatischen Systems. Prof. Ruth Ladenstein von der St. Anna Kinderkrebsforschung stellte u.a. die Erfolge der Kinderonkologie auf Basis kontrollierter Studien vor. Mit dem Einsatz neuer Technologien und begleitenden Diagnosen können die notwendigen Voraussetzungen für neue Krebsmedikamente überprüft werden und vor allem bei Kindern effizient zum Einsatz gebracht werden.

Bei älteren, oft multimorbiden Patienten wiederum, wird vor allem versucht durch frührehabilitive Maßnahmen einzugreifen und den Bewegungsapparat zu reaktivieren. Auch bei Palliativpatienten wird eine Verbesserung der Lebensqualität angestrebt. Sind Menschen unheilbar krank, so könnte ein Vorschlag lauten, dass „mobile Teams“, so Univ.-Prof. Dr. Hellmut Samonigg, den unheilbaren Patienten die „Chance“ geben, zu Hause, in dessen gewohnter Umgebung, sterben zu können.


Helga Thurnher (Selbsthilfe Darmkrebs) rückt den Patienten in den Mittelpunkt

Elisabeth Tschachler (ÖKZ) moderiert die Podiumsdiskussion

Dr. Karin Eglau, (Gesundheit Österreich) über die Gesundheitsreform und das Krebsrahmenprogramm

Mag. Dr. Monika Hackl, Leitung des Österreichischen Krebsregisters der Statistik Austria

SpOA Dr. Helmut Simmel (Institut für Radioonkologie, Sozialmedizinisches Zentrum Süd – Kaiser-Franz-Josef-Spital mit Gottfried von Preyer'schem Kinderspital) als Vertreter der Radio-Onkologie

Dr. med. Marco Hassler (Onkologische Rehabilitation „Der Sonnberghof“ / VAMED) zeigt, was die onkologische Rehabilitation leistet

Dr. Michaela Möstl, Wissenschaftlicher Beirat ÖARP (Hanusch Krankenhaus) präsentiert ein Projekt zur Intensivberatung

Assoc. Prof. Dr. Michael Grusch (Institut für Krebsforschung, Medizinische Universität Wien) über Ergebnisse der Grundlagenforschung

Prof. Ruth Ladenstein, MD, MBA, cPM (St. Anna Kinderkrebsforschung Wien) stellt Ergebnisse kontrollierter Studien der Kinderonkologie vor

Mag. Sandra Büchse, Fachkoordinatorin Qualitätsmanagement, NÖ Landeskliniken – Holding, St. Pölten und Prim. Univ. Doz. Dr. Ansgar Weltermann, Leiter 1. Interne Abteilung am KH Elisabethinen Linz / Ärztlicher Leiter Tumorzentrum gespag - Elisabethinen

Prof. Prim. Dr. Manfred Mitterer, Leiter der Zentralen Internistischen Tagesklinik am Krankenhaus F. Tappeiner in Meran. Wissenschaftlicher Leiter des Oncotyrol Projektes: Elektronisches Managementsystem für Patienten mit Tumorerkrankungen

Dr. René Anour, EMA Expert, Medizinischer Gutachter, BASG/AGES, Vorsitzender des 2. Konferenztages

Dr. Gabriele Haas, Ltr. Central Europe BU Oncology Lead, IMS Global Oncology

Dr. Lisa Rosner, Medical Assessor / Medizinische Gutachterin, BASG/AGES

Die Fotos zum Rückblick in Druckqualität finden Sie im Download Bereich.