Rückblick KURS 2014

Mag. Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Research

Finanzmärkte im Umbruch, neue Ansätze in der Bankenaufsicht und Hoffnung auf Konjunktur


Die KURS 2014 wurde traditionsgemäß mit der Keynote von Mag. Peter Brezinschek (Chefanalyst der Raiffeisen Research) zur aktuellen und zukünftigen Entwicklung der Finanzmärkte eröffnet.

Brezinschek sah die heurige Entwicklung sehr positiv. „Wir sind dem Gipfel auf dem Konjunkturpfad schon weit näher als vor einem Jahr. Was im 4. Quartal 2013 ermutigend ausgeschaut hat, hat sich im 1. Quartal 2014 bestätigt.“

Er bekräftigte, dass sich die Eurozone aus dem Konjunkturtief herausgearbeitet habe und betonte, dass Österreich mit einer Konjunkturprognose von 1,5% für das Jahr 2014 genau im europäischen Durschnitt liege. Für das Jahr 2015 erwartet der Chefanalyst einen weiteren Anstieg dieser Entwicklung.

Inflation ist 2014 kein Thema! Doch Risiken von Kursverlusten sind nicht zu übersehen.

Brezinschek prognostizierte Kursverluste bei Staats- und Unternehmensanleihen. Der Hype um Unternehmensanleihen ist für Brezinschek nicht erklärbar, da das Ausfallsrisiko bei 37% liege.

Putin unpredictable. Russland als Risikofaktor.

Aktuelle politische Spannungen zwischen Russland und der Ukraine haben Einfluss auf die europäische Konjunktur. Brezinschek warnte vor Russland als langfristiges Anlageland. Das private Investment in Russland sei seit 2 Jahren rückläufig, die Wirtschaft stagniere und der Rubel habe an Wert verloren. Da Österreich noch zu wenig Inlandskonjunktur habe, kann diese politische Situation auch unsere Wirtschaft merklich beeinflussen, so der Ökonom.

„Langfristig sind Aktien attraktiv!“

Brezinschek sieht Aktien langfristig attraktiver als Anleihen. Auch Gold und Rohstoffe werden weniger interessant für Investments sein.
Seine wie immer erfrischende Rede ergänzte er ordnungsgemäß der FMA-Vorschriften mit der Aussage: „Diese Präsentation stellt keinen Ersatz für die erforderliche Beratung für den Kauf oder Verkauf eines Finanzproduktes dar. Eine individuelle anleger- und anlagegerechte Beratung kann bei Ihrem Bankberater eingeholt werden.“

Mag. Helmut Ettl, Vorstandsmitglied, FMA Finanzmarktaufsicht

Bankenunion fix beschlossen

Mit viel Spannung erwarteten die KURS Teilnehmer die brandaktuelle Information von Mag. Helmut Ettl (Vorstandsmitglied, FMA Finanzmarktaufsicht) über die neu beschlossene europäische Bankenunion. Ettl stellte deren Ziele, Aufgaben und die Strukturierung vor. Als die wichtigsten Ziele sieht er die Schaffung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM) und die Einführung eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM).

Neu ist auch die Aufteilung der Kompetenzen zwischen der EBA, der EZB und den nationalen Aufsichtsbehörden.

Mehr als 900 Mitarbeiter überwachen in Zukunft knapp 130 Bankengruppen in der EU

Mit 4. November 2014 nimmt der SSM seine Arbeit auf, die Vorbereitungen in der EZB laufen bereits auf Hochtouren. Die 128 größten Bankengruppen werden von der EZB direkt beaufsichtigt und geprüft. Das sind jene Banken, die mehr als 30 Mrd. Umsatz lukrieren und eine nationale Relevanz haben. In Österreich betrifft es u.a. die Erste Bank, die BAWAG P.S.K., die Volksbanken Gruppe, die Raiffeisenlandesbanken Niederösterreich-Wien und Oberösterreich. Die restlichen mehr als 700 Banken und Kreditinstitute in Österreich betreut nach wie vor die nationale Aufsichtsbehörde.

Banken in Europa sollen ohne Steuergelder abgewickelt werden

Der FMA Vorstand hob hervor, dass zu einer einheitlichen EU-Aufsicht auch die Abwicklung zwingend vereinheitlicht werden soll. Dazu gibt es die Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten, die ab 1. Jänner 2014 in Kraft getreten ist und bis Ende 2014 in nationales Recht umgesetzt werden soll.
Abwicklungskosten sollen in Zukunft von Anteilseignern und Gläubigern getragen werden, bevor externe Mittel bereitgestellt werden. Das Ziel ist ein vollständig einheitlicher Bankenabwicklungsfonds, welcher die nationalen Fonds ersetzen soll.

Abschied von längster Rezession der Nachkriegszeit

Was ist jetzt zu tun? Wie unterschiedlich die Meinungen der Experten sind, zeigte die anschließende Diskussion, moderiert von Martin Szelgrad (Chefredakteur, Report Verlag).

Mag. Peter Brezinschek forderte flexiblere Arbeits- und Pensionssysteme, denn Wachstumspotenzial ergäbe sich auf lange Sicht nur aus höherer Beschäftigung.

Alle Länder mit funktionierenden Kapitalmärkten haben auch Wachstum. Deshalb brauchen wir eine Förderung des Kapitalmarktes, welche aber im derzeitigen Regierungsprogramm nicht vorkommt.

Univ. Prof. Thomas Gehrig, Professor für Finanzwirtschaft, Universität Wien

Auf die Frage nach den Auswirkungen von BASEL III ergriff Univ.Prof. Thomas Gehrig (Professor für Finanzwirtschaft, Universität Wien) das Wort. Viele Vorteile von Basel seien nicht lukriert worden, denn die Politik habe es z.B. nicht geschafft, schlechte Banken aus dem Bankenmarkt zu entfernen. Gehrig strich hervor, dass daher die 2. Säule, ein einheitlicher Abwicklungsmechanismus, besonders wichtig sei. Er sieht BASEL III als eine gute Möglichkeit für Banken sich zu re-kapitalisieren.

Experten im Gespräch

V.l.n.r.: Mag. Helmut Ettl, Gerald Hörhan, M.Sc., Univ.Prof. Thomas Gehrig, Jarka Kirschner (Geschäftsführerin, IIR), Mag. Peter Brezinschek, Martin Szelgrad 

Finanzmarktstabilität schaffen

Das große Problem sah Gehrig bei einheitlichen Regelungen, welche die regionale Diversifikation erschweren, ein Standpunkt dem sich Ettl nicht anschließen mochte. Finanzmarktstabilität muss das oberste Ziel sein.
Die Bankenunion soll eine „Strukturpeitsche“ sein, deren harte Vorgaben jeder einhalten soll, wobei man kleinere Märkte differenziert betrachten soll.

Gerald Hörhan, M.Sc., Vorstandsvorsitzender der Pallas Capital Holding AG; Investmentbanker; Buchautor

Die nächste Krise wird kommen!

Gerald Hörhan, M.Sc. (Vorstandsvorsitzender der Pallas Capital Holding AG, Investmentbanker und Buchautor) erinnerte alle noch einmal an die Ursachen der letzten Finanzkrise und meinte, dass solche Krisen alle 7-10 Jahre auftreten und diesmal Europa eben stärker betroffen war. „Die nächste Krise kommt bestimmt.“ Wann genau ist schwer zu sagen, aber Hörhan bezweifelte, dass die Banken dafür ausreichend gerüstet sind.

Brezinschek hingegen sieht den Bankensektor durch die Systemanpassung durchaus als krisenresistent an. Gehrig ergänzt: „Wachstum kann nur geschaffen werden, wenn die Banken wieder zu ihren ursprünglichen Geschäftsmodellen, wie der Kreditvergabe zurückkehren.“
Doch wo finden wir die Wachstumstreiber in Europa? – Eine Frage, die auch unsere Experten nicht abschließend beantworten konnten.
Nach dieser lebhaften Diskussion und einem gemeinsamen Mittagessen ging es für die mehr als 200 Teilnehmer in vier parallele Fachkonferenzen.

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