Schießt die Regulierung oft übers Ziel hinaus?

CRR, CRD, NPL, LGD... – Was klingt wie eine zusammengewürfelte Reihenfolge einer Buchstabensuppe, waren die Themen der Marktfolge & Backoffice bei der KURS, von 27.-28. März 2019 im ATH Savoyen in Wien. 

Während der erste Tag der Fachkonferenz mit Updates zu aktuellen Regularien den Einstieg bildete, stellte der zweite Konferenztag die Themen Kreditrisiken und Outsourcing in den Fokus. Der Konsens der dominierte war klar: In immer kürzerer Zeit, soll eine immer größere Fülle an Regularien umgesetzt werden!

Unterschätzte Risiken vs. zu viel Bürokratie

Ob diese Regularien die Prozesse vorantreiben und sicherer gestalten, oder ob es bereits an eine „Überregulierung“ grenzt kommt wahrscheinlich auf den Blickwinkel an. Während die FMA oft noch mehr fordert, als von europäischer Seite vorgegeben, müssen sich die Banken im Regularien-Dschungel zurechtfinden. Im Sinne der Proportionalität gibt es, wie z.B. bei CRR III und CRD V, doch immer wieder Erleichterungen für kleine, nicht komplexe Banken. Trotzdem steigt der Dokumentationsbedarf enorm an, um im Falle einer Überprüfung entsprechend vorbereitet zu sein. So müssen laut EBA Guideline zur Group of Connected Clients z.B. wirtschaftliche und konzerngesellschaftliche Abhängigkeiten genau aufgezeigt werden.

Mag. Roland Salomon, BA (FMA): „ Wir erwarten von Ihnen das Sie ein wenig über den Vorgaben liegen.“

Oft habe man den Eindruck, dass die Aufsicht den Banken nicht zutraut gewisse Prozesse durchzuführen, merkte MMMag. Robert Wallner, FRM von der Liechtensteinische Landesbank Österreich an.

Mag. Dr. Thomas Gaber von KPMG sieht eine detailreiche Dokumentation in der Praxis oft als sehr schwierig aber für die Aufsicht als Notwendig.

Der Vorsitzende Mag. Peter Hronek, MBA (Sparkasse Niederösterreich Mitte West) merkte an, dass es einem so vorkommt als werde bald mehr dokumentiert als mit dem Kunden gearbeitet.

Profitieren können hier sicher Berater und Dienstleister. Diese machen sich die Digitalisierung zu Nutze und unterstützen mit entsprechenden Technologien. Von Informationen auf einen Klick, über Regularien gerechte Überprüfung bis zur Auslagerung unliebsamer Aufgaben, kann damit vieles abgegeben oder automatisiert werden.

„Sie regulieren sich sonst noch zu Tode“ - Olaf Pulwey von FOCONIS verblüffte mit einem prägnanten Impulsvortrag im „Pecha Kucha“-Stil

DI Jürgen Krenn, MBA von CRIF präsentierte eine Lösung bei der Informationen mit einen Knopfdruck sofort am Punkt der Entscheidung zur Verfügung gestellt werden.

DI, DI (FH) Günther Schabus, MSc MSc von Sprengnetter über automatisierte Überwachung des Risikos und Outsourcing von Immobilienbewertungsprozessen

NPL als Hauptthema des Regulators!

Ein weiteres Top Thema im Jahr 2019 waren natürlich die Non performing Loans. Mag. Gabriele Schiemer stellte am Beispiel der Austrian Anadi Bank vor wie die EBA Guidelines zu NPL in der Praxis umgesetzt wurden. Sie merkte aber auch an, dass in Anbetracht der ständig strengeren Definitionen in diesem Bereich, immer mehr Fälle diese Kriterien erfüllen, was zu einem Anstieg der NPL-Anzahl führt. Als besonderes Anliegen der FMA gilt die private Wohnbaufinanzierung, die durch den Anstieg an privaten Wohnbaukrediten und einer Wachstumsrate der Immobilienpreise über der Inflation, in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Aufsicht rückte. 

Mag. Roland Salomon, BA (FMA) gab dazu einen Einblick in den Status Quo und einen Ausblick in zukünftige Vorgehensweisen. Es wurde eine Tendenz zur Aufweichung der Kreditvergabestandards erkannt, deshalb setzte der Regulator entsprechende Maßnahmen, um die nachhaltige Kreditvergabe zu fördern. Künftig wird die Aufsicht bei gewerblichen Immobilien gleich streng vorgehen.

Mag. Gabriele Schiemer von der Austrian Anadi Bank sieht das Zusammenspiel von Rechnungslegung und Steuerrecht mit dem Aufsichtsrecht als schwierig

Mehr Automatisierung um sich auf das wesentliche zu konzentrieren

Der Nachmittag des zweiten Konferenztages startete mit dem Thema AnaCredit. Andrea Dienst von der Schoellerbank gab einen Einblick in die Abläufe und Schwierigkeiten der Umsetzung dieses Meldewesens. In mehreren Fällen mussten Versionen im zweistelligen Bereich eingereicht werden. Daraufhin stellte Mag. Georg Puntus, LLM seitens der FMA die frisch finalisierten EBA Guidelines on Outsourcing vor, die mit 30. September 2019 in Kraft treten. Er fasste die wichtigsten Änderungen zusammen damit die Teilnehmer einen Einblick bekamen was bis zur Übergangsfrist am 31.12.2021 beachtet werden muss.

Andrea Dienst, Schoellerbank zu AnaCredit: „Von Automatisierung sind wir hier noch weit entfernt“

Mag. Georg Puntus, LLM (FMA) mit den brandaktuellen Neuerungen der EBA-Guidelines on Outsourcing

Impressionen

Den Abschluss des ersten Konferenztages bildete ein etwas anderer „Zahlenexperte“. Illusionist Philipp Oberlohr verzauberte die KURS-Teilnehmer mit seiner (be)merkenswerten Vorführung

Dominik Hochmair, Volkskreditbank, Mag. Siegfried Haas, baningo und Michael Santer, Volksbank Wien diskutierten die Sinnhaftigkeit und das weitere Vorgehen in Bezug auf die Vergabe von Fixzinskrediten

Mag. Anna-Magdalena Ruprecht, Duy Rechtsanwalt GmbH, gab ein Status Update zur Fit & Proper Regelung.

Ing. Thomas Buchberger, RLB NÖ-Wien sieht die Zukunft in der Automatisierung von gewissen Prozessen