Rückblick Fachkonferenz Cash-Handling

1. und 2. Oktober 2019, Radisson Blu Park Royal, Wien

Kein schnelles Aus fürs Bargeld in Österreich

Am 1. und 2. Oktober 2019 trafen sich ExpertInnen der Bank- und Handelsbranche auf dem Forum Bankstrategie im Hotel Radisson Blue Park Royal in Wien.

Nach einem gemeinsamen Eröffnungsplenum am ersten Konferenztag, welcher Trends und Richtung heutiger Bezahltechnologien und Kundenerlebnisse widerspiegelte, fiel der Startschuss für die Fachkonferenz Cash-Handling.

Eines, worüber sich die ExpertInnen einig waren, hat sich über die zwei Konferenztage hinweg klar herauskristallisiert: Bargeld wird abnehmen, aber mit Sicherheit nicht komplett verschwinden. Österreich ist und bleibt ein bargeldaffines Land, in welchem, nach Deutschland, die Nachfrage europaweit am höchsten ist.

Die gegenteilige Situation lässt sich in Schweden vorfinden, wie Assoc. Prof. Niklas Arvidsson vom KTH Royal Institute of Technology in Stockholm, darlegte. Der schwedische Forscher machte deutlich, dass sich Schweden schnell in eine bargeldlose Gesellschaft transformiert. Seiner Prognose zu Folge werde Schweden im Jahr 2025 nicht nur vollkommen bargeldlos sein, sondern die Hälfte der schwedischen Unternehmen werde auch kein Bargeld mehr annehmen. 

Davon scheint Österreich nach jetzigem Stand weit weg zu sein: Frau Mag. Codruta Rusu von der Österreichischen Nationalbank veranschaulichte wie der Bargeldumlauf in Österreich in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen ist. Aus repräsentativen OeNB-Befragungen wird deutlich, dass 70 % der österreichischen BürgerInnen der Meinung sind, dass das Bargeld seine derzeitige Bedeutung behalten sollte. 

Weniger um Bargeld allgemein, als um Bargeldprozesse im Speziellen, ging es im Vortrag von Mag. Johann Friedl von der Volksbank Wien. Ob sich Verantwortliche aus der Bankenbranche für ein In- oder Outsourcing der Bargeldbewirtschaftung entscheiden, hänge von der Strategie des Unternehmens ab. Während für das Insourcing eine besser Kostenkontrolle sowie eine deutliche Reduzierung von Reaktionszeiten spreche, stünde auf der Contra-Seite, der Wille in Technik und Personal zu investieren.

Stephan Danner von KEBA der AG griff das Thema Technik erneut auf und bezeichnete Cash-Recycling als „Schlüsseltechnologie für den Digitalisierungsprozess“. Um mit der Digitalisierung Schritt halten zu können, bringe es nichts alleine die Auszahlungen vom Point of Sale an andere Stelle auszulagern. Viel mehr bräuchte es auch eine Automatisierung der Einzahlungen, da u.a. nur so zu eine digitale Transformation der Bankfiliale gelinge.

Oskar Samer von der Post Wertlogistik machte auf die Herausforderungen rund ums Cash-Handling aufmerksam, denen besonders Wert- und Geldtransport-Unternehmen gegenüber stehen. 

Oft reicht auch im harten Wettbewerb ein kleiner Stups

Wie es um den Faktor Mensch in der Sicherheit digitaler Bezahltechnologien steht, darauf ging Martin Griesbacher, MA, von der Universität Graz humorvoll in seinem Vortrag ein. Wussten Sie, dass es nur einem Fünftel der EuropäerInnen egal ist, ob ihre Daten weiterverbreitet werden?

Thomas Birnstein von P3N und Thomas Schauer von der Raiffeisenbank Region St. Pölten eGen veranschaulichten wie die Bankstellenstruktur der Region neu durchdacht wurde. Mit dem P3N Service Management Concept für alle Serviceleistungen konnten wichtige Service- und Bargeldlogistik-Leistungen optimiert werden.

Norbert Götzl von der Österreichischen Nationalbank stellte die Banknoten der Europa Serie 2 vor. Die Frage, ob der Ausgabe-Stopp der 500er Euro Scheine wirklich ein Mittel gegen die Schattenwirtschaft darstellt, bleibt umstritten.

Stichproben von absichtlich veränderten Münzen zum Anfassen, gab es von Dr. Claus Fischer von der Münze Österreich AG.  Zu absichtlich veränderte Münzen gehören Münzen die zum Beispiel gelocht, verborgen oder chemisch verändert wurden.

Andreas Schiefer, Bundesobmannstellvertreter des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten, kritisierte die hohen Gebühren, die bei Bargeld-Einzahlungen in Banken, anfallen. Trafikanten haben ohnehin zu kämpfen, da ihnen aufgrund von Steuerabgaben und den Einnahmen von Unternehmen sehr wenig Gewinn bleibt. Bei einer Zigarettenpackung kämen die Trafikanten auf einen Gewinn von rund 60 Cent. 

Christian Erasim von Hobex AG vertritt die Ansicht, dass digitale Bezahlmethoden einfacher und billiger werden. Er vermutet, dass die Zahlungsanbieter ApplePay und GooglePay sich in Zukunft am Markt durchsetzen werden.

Sinan Ibili, MSc, von der Wirtschaftskammer Österreich stellte das Thema Bargeldkreislauf aus der Sicht des Handels in den Mittelpunkt. Zum einen stünde der heimische stationäre Handel aufgrund des Online-Handels unter enormen Wettbewerbsdruck. Zum anderen müsse der stationäre Handel ein digital vernetztes Kundenerlebnis bieten können, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein

Mag. Sylvia Unger von Unger Rechtsanwälte ging in ihrem Vortrag auf die juristischen Aspekte rund ums Bargeld ein. So sei beispielsweise die Zahl der Mitgliedsstaaten mit Bargeldzahlungsbeschränkungen in den Jahren 2008 – 2017 enorm gestiegen.

In der abschließenden Podiumsdiskussion zum Thema Risikofaktor Bargeld diskutierten Chef. Mag. Baumühlner von LKA Wien, Michael Fehrenbach von der Erste Bank Group, Ariel Ohev-Ami von AOA-Security und Mag. Sylvia Unger.

Neben dem Thema der verhaltensorientierten Prävention bei Raubüberfällen, kamen auch Betrugsformen wie der Trickbetrug über das Telefon sowie Möglichkeiten zur Erhöhung von Schutzmaßnahmen, zu Sprache. 

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